Barbara Steinbrück

Kurzgeschichten über die Zukunft des Versandhandels und des digitalen Fernsehens mit einem Schuss politischen Revolutionskitsch von Martin Dambach

Ein Projekt von www.thinkmobil.de

01

Korridor in einer Marketingabteilung von Heine

"Hallo, hallo, gut, dass ich Sie noch antreffe, Herr Doktor Weitmann" rief ein junger Mann mit Hornbrille und hochgekrempelten Ärmeln und eilte zielstrebig durch den langgestrecken Korridor auf Dr. Weitmann zu. Etwas hektisch fuhr er sich durch seine Johnny Depp Frisur. "Sie wollten doch nicht schon gehen? Ähem, können Sie sich noch erinnern an die Präsentationen letzter Woche "Heine dress for future" ?

"Ach hören Sie doch auf" knurrte Dr. Weitmann ungehalten, "verschonen Sie mich mit diesem hohlen Agenturgeschwätz, eine sinnlose Aneinanderreihung wichtigtuerischer Anglizismen. Das war doch eine einzige Pleite. Das Zeitalter der grinsenden Jugend mit ihren Klingeltönen ist vorbei und die haben das immer noch nicht kapiert. Unsere Zielgruppe sind junggebliebene Persönlichkeiten, die selbstverständlich ihren Spaß oder Fun haben wollen, aber, Herr Adler, auf einem anderen Niveau, Niveau! nix klingeldudeldei."

"ja ja" antwortete der Assistent "ich bin da ganz Ihrer Meinung. Aber können Sie sich noch an die eine Agentur erinnern mit dem Windgenerator und diesem Windkonzept ?"

"Heisse Luft!" höhnte Dr. Weitmann.

"Nein, nein, Wind, Brise, frische Luft" erwiderte der Assistent, ruderte mit den Armen und blähte die Backen.

Dr. Weitmann: "Ah ja, ich erinnere mich, natürlich, wie hieß sie noch, diese Frau, Frau Stein..."

"jaja, eine Frau mit Esprit, Geist, Witz, Ausstrahlung und Sex Appeal."

"Na-na-na, jetzt übertreiben Sie mal nicht, Herr Adler!"

Dr. Weitmann sinnierte: "obwohl..., diese Frau müssen wir haben, rufen Sie mal in der Personalabteilung an!"

"Aber Herr Dr. Weitmann, das gehört doch überhaupt nicht zu meinem Aufgabenbereich."

"Sie haben ja Recht, Herr Adler, wer hat Sie nur eingestellt, ich werde mich persönlich darum kümmern."

Der Assistent fuhr sich nochmals durch seine zerwehte Johnny Depp Frisur und legte los:

"Also, ein sehr bemerkenswertes Konzept, irgendwie extrem, sie wollen die Zirkulation erhöhen, einen Sog erzeugen, eine Luftströmung, welche die alten Klamotten aus den Schlafzimmerschränken holt und auf Second-Hand-Auktions-Plattformen und Verschenkbörsen im Internet weht. Das Heine-Callcenter öffnet die Fenster und der frische Wind weht die neuen Klamotten in die leergeräumten Schränke, ein Art klimatisches Change Management. Erinnern Sie sich, die von der Agentur standen mit wehenden Haaren und Kleidern vorne und haben ihren Windgenerator aufgedreht, Klamotten und Wind würden sich ideal ergänzen, haben sie gemeint, seit Marilyn über dem U-Bahnschacht, usw. usw... Zum Schluss haben sie das Fenster geöffnet, den Windgenerator voll aufgedreht, der Lärm war riesig, die ganzen Agenturpräsentationen hat es zum Fenster hinausgeweht, das wäre was fürs recycling, meinten sie, Fenster aufmachen und frischen Wind hereinlassen, das würde Heine guttun und den Telefondamen die Kleider vom Leib wehen. Das wollten die Kunden sehen."

"Ist ihnen nicht gut, Herr Dr. Weitmann?"

"Nein, nein, schon gut, diese neue Hemdenkollektion ist doch viel zu eng geschnitten am Hals, der deutsche Mann hat doch keinen Flamingohals, was denken die sich nur, was schlagen Sie also vor ?"

Assistent: "Naja, Kachelmann, oder so, wir präsentieren die passenden Klamotten zum Wetter."

Dr. Weitmann: "Oder so, aber auch nicht gerade neu. Also gut, lassen sie die Leutchen von dieser Agentur nochmals antanzen und geben Sie mir die Unterlagen, ah, schau an, ein Foto...

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02

Arbeitstag Barbara Steinbrück

Sonntag, 10.30 Uhr, sie schaute in den Spiegel und begrüsste sich selbst mit einem Lachen "Guten Morgen, was kann ich für Sie tun, mein Name ist Barbara Steinbrück." Mit ihren Händen strich sie sich über das Gesicht, gut sah sie aus, sehr gut, neue Brille, neue Frisur, die neuesten Klamotten vom Heine Sommerkatalog, ein tolles Piercing, das luftige Top liess ihre braunen Schultern frei.

Sie warf einen schnellen Blick auf die eingeblendete Heine Call-Center-Anruf-Anzeige auf ihrem Fernseher, 3.460 Anrufe, Warteschleife 0, es würde ein ruhiger, strahlender Sommertag werden. Als sie das Haus verliess und die Haustür ins Schloss schnappte, verdunkelte sich der Fernseher. Im Stillen würde er nun die geheimen Wünsche ihrer Fans entgegennehmen. Jeden Tag sortierte er die Tele-Fanpost von Barbara Steinbrück, um sie ihr am Abend vorzuspielen.

In Gedanken verloren öffnete sie das Garagentor. Nie hätte sie gedacht, dass ihr, gerade ihr, das passieren würde, Hals über Kopf verknallt in einen Kunden, das war Tabu, absolut Tabu. "Die können mich" dachte sie "ich bin die Beste: Call-Agent-Girl 2009", stieg in ihr Cabrio und gab Gas.

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Langnese ice cream

03

Ein Knopf ist ab

Schwäbisches Dorf im Gäu

Erna: "Grüß Gott Traudel"

Traudel: "Grüß Gott Erna, I han di ja scho lang nemme gseh, I han scho denkt, hoffentlich isch nix passiert, wie got dirs ?"

Erna: "ha noi, i han halt viel im Garte gschafft, des ganze Obscht und die Beer, für mei Tochter, do han i gsälz kocht, Saft und Kompott gmacht."

Traudel: "Du, Erna, isch des e neue Blus, ond warte omol, do seh i grad, do fehlt Dir en Knopf.

Erna: "au jo, du hosch recht, so ebbes au, jetzt han i di blus zom erschto Mol an, und scho isch dr Knopf ab."

Traudel: "die kennet halt nemme nähe, die jonge !"

Erna: "jo, mir hends no glernt in dr hauswirtschaftsschul, do hem mir die knöpf mit dem füssle ognäht."

Traudel: "des goht heut mit de Maschine, des machet die in China oder Indie, jedefalls."

Erna: "Sag au en Gruß an doin Mah"

Traudel: "Ade"

Erna: "Ade"

Dieser Dialog in der Übersetzung

Erna: "Guten Tag Traudel."

Traudel: "Guten Tag Erna, Ich habe Dich schon lange nicht mehr gesehen. Ich habe schon gedacht, hoffentlich ist dir nichts passiert."

Erna: "Aber nein, ich habe viel im Garten gearbeitet und aus dem ganzen Obst und den Beeren habe ich für meine Tochter Marmelade gekocht, Saft und Kompott gemacht."

Traudel: "Du Erna, ist das eine neue Bluse? Und warte mal, da sehe ich gerade, dass dir ein Knopf fehlt."

Erna: "oh ja, du hast recht, so etwas aber auch, jetzt habe ich die Bluse zum ersten Mal an, und schon ist ein Knopf ab."

Traudel: "die Jungen können einfach nicht mehr nähen."

Erna: "ja, wir haben das in der Hauswirtschaftsschule noch gelernt, die Knöpfe mit einem Fuß anzunähen."

Traudel: "das geht heute mit Maschinen, das machen die jedenfalls in China oder Indien."

Erna: "Sag einen schönen Gruß an Deinen Mann."

Traudel: "Auf Wiedersehen."

Erna: "Auf Wiedersehen."

Daheim angelangt packt Erna ihre Einkäufe aus und wählt am schnurlosen Fernseh-Telefon eine Nummer von Heine: "Grüß Gott, bei meiner Bluse fehlt ein Knopf." "Einen Moment bitte, ich verbinde Sie." Musik: "Drei weisse Biiirkeeen, in meiiiner Heiiimat steeehn..." Ach wie schön, das ist ja meine Lieblingsmelodie, denkt Erna.

Plötzlich flimmert der Fernseher auf und eine junge Frau mit Kopfhörer spricht "Guten Tag, was kann ich für Sie tun, mein Name ist Barbara Steinbrück." "Sehen Sie!" und Erna hält die Bluse ganz nah an das Kameraauge des Fernsehers, "an dieser Bluse, die ich erst kürzlich bestellt habe, fehlt ein Knopf."

"Tatsächlich, ich sehe es, ja, können Sie denn in Ihrem Alter noch nähen?" "Das will ich aber meinen!"

"Kein Problem, Frau..., einen Moment bitte, Frau Nonnenmacher? Sind Sie Frau Erna Nonnenmacher?" "Ja, das bin ich." "Ich sehe Ihre Bestellung auf meinem Display. Unser Hermes Versand wird Ihnen einen passenden Knopf in der richtigen Farbe zuschicken. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen und angenehmen Tag." "Auf Wiedersehen", wollte Erna gerade noch der jungen Dame sagen, da verdunkelt sich der Fernseher wieder und druckt eine Bestellbestätigung aus:

"1 Knopf, Artikel Nummer 134gft6723dfg, 0 Euro.

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3 weiße Birken, die Amigos und die Frage: Was ist gute Volksmusik?

04

Versandhändler Heine: Call-Center-Zentrale

Mittwoch 9:30 Uhr, Wöchentliche Besprechung

"Können wir, meine Damen und Herren!?"

"Frau Lavalle, haben Sie das hier schon gelesen?" Ein junger Mann mit Pickeln im neuen Heine-Business-Outfit reichte Frau Lavalle, die eine lindgrüne Seidenkombination trug, die neueste BILD Zeitung und deutete auf die Headline.

"Barbara Steinbrück: Liebe im Call-Center ?"

Frau Lavalle, Chefin des deutschen Heine Call-Centers und gebürtige Französin begann zu lesen und dann zu summen "oh la la, c'est la vie, l'amour, l'amour..." dann seufzte sie.

"das ist der Hammer" rief der junge Mann erregt "da liegt Geld, massenhaft Geld, Sex sells, das wissen wir doch, aus eigener Erfahrung", es war sehr still geworden "wir machen einen Late.Night.Bestell.Strip... Ähm, ich meine, das heisst, die geschätzten Kolleginnen ziehen sich je nach Höhe des Bestellwertes aus, ich meine, so können wir die gesamte Produktpalette in ein vorteilhaftes Licht rücken und..."

"typisch Mann" stöhnte Frau Dr. Zuse und verdrehte die Augen. Die anderen Teilnehmer blickten starr zur Decke oder schauten etwas betreten oder auch amüsiert nach unten.

"... den Mann als vernachlässigte Zielgruppe mit diesem Kundenbindungsinstrument langfristig...."

"HERR PILLER !" unterbrach ihn Frau Lavalle "IN UNSEREM CALL-CENTER ARBEITEN KEINE CALL-GIRLS ! WAS DENKEN SIE SICH EIGENTLICH" "ganz recht" pflichtete ihr Frau Dr. Zuse bei. Dann setzte Frau Lavalle ein malizöses Lächeln auf: "Sie können ihre brillianten Ideen sicherlich sehr gut in einem anderen Umfeld wie zum Beispiel Beate Uhse einbringen. Dort stossen Sie ganz bestimmt nicht nur auf offene Ohren..."

Unterdrücktes Lachen, Pause.

Frau Lavalle strich sich durch die Haare und rückte ihr Haarband zurecht. Man musste ja ständig auf der Hut sein, nicht unordentlich auszusehen, seit dem es eine Non-Stop Live Austrahlung von vier Kameras aus dem Heine-Call-Center gab. Es war quasi eine voyeristische Non-Stop-Modeshow der Heine Kollektionen "Hinter den Kulissen" und es war ihr überhaupt vollkommen unerklärlich, wie der Betriebsrat diesem Treiben hatte zustimmen können.

"wie lautet der erste Punkt der Tagesordnung?"

"Frau Lavalle" kam es etwas zögerlich vom unteren Ende des Tisches "ich meine, mich als Frau, würde das schon an...mach...imieren, wenn die jungen Männer im Call Center mal etwas anderes anziehen würden, als diese langweiligen gestreiften Kurzarm-Hemden. Ausserdem könnte man ja das Unterwäschesegment über eine spezielle Hotline von besonders gut aussehenden Call-Agents betreuen lassen, ich meine, das wäre ein echtes Angebot, ein Frauen.Verwöhn.Kanal." "Ganz meine Meinung" brummte es diffus aus der Tischrunde "wir sollten die Diskussion an diesem Punkt nicht vorschnell abbrechen."

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Kakophonie in der Besprechung

05

Fensterloser Raum in einem Versand-Lager des Otto Konzerns

Abteilungsleiter Strobel verliert die Nerven

"Knöpfe, Knöpfe, wir können doch keine Knöpfe verschicken, in jedes kleine Kuhnest in Deutschland an irgendwelche dementen Omas. "Hier !" Und er knallte die ausgedruckten Excel Tabellen auf den Tisch. "Rot, knallrot, nichtmal die Linien sind schwarz, jeder einzelne Knopf, den wir verschicken, kostet uns satte Euros, reisst uns ins Minus, was denken die sich, Offensive Serviceorientierung 2010, der Kunde steht im Mittelpunkt, und ich bin der Depp, der DECKUNGSBEITRAGS-LÜCKEN-REISSER."

Strobel verzieht seine untere Gesichtshälfte und beisst einen imaginären Stahlträger durch.

"Der Aufbau und die Vertiefung persönlicher Beziehungen zwischen uns und unseren Kunden ist eine zentrale Aufgabe aller Mitarbeiter." Da steht weit und breit nichts von Hemdenknöpfen und immer wieder wird uns diese, Kübelböck, Steinböck, ach was..."

"...Steinbrück, Steinbrück, Herr Strobel" wurde er sanft vom Auszubildenden unterbrochen.

"...genau, als Vorbild hingestellt. Klar, wenn ich noch jung wäre, ha..."

Auszubildender: "Ich sehe diese Massnahmen als Investition in die Zukunft an. Damit bauen wir uns ein Alleinstellungsmerkmal auf und eine Glaubwürdigkeit die wir mit keiner Werbung erzielen könnten."

Strobel schaut den Azubi verduzt an, um dann etwas nachdenklich fortzufahren: "Aus Ihnen könnte mal noch was werden, Sie könnten ganz nach oben kommen, vorausgesetzt man lässt Sie. Wissen Sie für so eine Analyse zahlen die da oben an McKinsey Millionen. Von Ihnen, einem Azubi, wollen die das nicht hören, man muss sich ja absichern, je höher desto mehr, Sie verstehen, die Fallhöhe wird beträchtlich."

Strobel blickt nachdenklich nickend auf einen imaginären Palmenstrand hinter der Heizkörperverkleidung.

"Hier in diesem Keller kommen Sie jedenfalls nicht weit, und mit diesem bescheuerten, gestreiften Hemd schon gar nicht, was sind denn das für Farben? Sie sind doch kein Papagei, und hier ist nicht Hawai. Aber das hier ist ein beschissenes Kellerloch. Wir brauchen Luft, frische Luft zum atmen. Oben in den Chefetagen soll sie ja dünn sein, die Luft, aber hier ist sie dick, so dick, da fällt bald kein Knopf mehr ab, da faulen die Leichen im Stehen."

Auszubildender: "ich könnte ja nette, bunte Diagramme aus den Zahlen machen."

Strobel: "ja, sehr gut, tun Sie das, die sollen sehen, dass wir uns nicht zu schade sind für einen Hemdenknopf, jeder einzelne Hemdenknopf ist uns ein Diagramm wert, wir tracken den Knopf bis er zu Staub zerfallen ist. Unsere Lagersoftware weiß alles."

Auszubildender grinst: "und das ist gut so."

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Strobl und der Azubi sind in dieser ausweg- und fensterlosen Situation dem Alkohol verfallen, träumen von der Südsee und immer knapperen Bikinis.

06

Betriebsversammlung

Betriebsratsvorsitzender: "geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nach unserem Rechenschaftsbericht für Q4 kommen wir nun zum nächsten Punkt der heutigen Agenda:

Er betrifft die Live-Übertragung aus dem Call Center auf die Heine Shopping-TV-Kanäle. Wir hatten ja vor einem halben Jahr umfangreiche Gespräche mit den Mitarbeitern und hatten hierbei ein überwiegend positives Echo erhalten. Ich persönlich hatte sogar den Eindruck, dass jeder gerne Heine-Superstar werden wollte. Nun sind erste kritische Stimmen aufgekommen, die wir gerne in dieser Runde gemeinsam diskutieren wollen."

Schweigen.

Eine dicke Qualmwolke stieg neben dem Betriebsratsvorsitzenden auf, als sich Ernesto, ein kleiner, schmächtiger Kollege im olivgrünen Heine-Revolutions-Kalaschnikow-Look mit schütterem 300-Tage Bart und Hornbrille eine dicke, kubanische Zigarre anzündete.

"Francesca, Du hattest eine Frage ?" wandte sich der Vorsitzende aufmunternd an die Kollegin, währenddessen er hinter dicken Rauchschwaden verschwand.

Schweigen.

"Ernesto, du wolltest doch etwas vorbereiten zum Thema, und hör endlich mit dieser Qualmerei auf!"

"Sehr wohl Comandante" erwiderte Ernesto, legte die Zigarre liebevoll auf einem riesigen Aschenbecher ab, stand auf, drückte die Brust nach vorne und rief den Mitarbeitern zu:

"Ich habe heute die grosse Ehre ein persönliches Grusswort von Fidel Castro überbringen zu dürfen." Dann zog er einen zerfledderten Fresszettel aus seiner Brusttasche und fuhr fort: "Castro sagt uns seine volle Unterstützung zu für unseren Freiheitskampf gegen das internationale Großkapital und gegen die Ausbeutung und zur Schau Stellung der geknechteten Arbeiter. Als Zeichen seiner Verbundenheit schickt er uns ein Kästchen Zigarren aus seinem persönlichen Vorrat."

Schweigen.

Ernesto nahm die Zigarre, zog sanft daran, legte sie wieder zurück und paffte einen Rauchkringel, der wie ein Heiligenschein zitternd nach oben entschwebte. "Wir wollen gemeinsam eine Gedenkminute einlegen für meinen Namensvetter, unseren geliebten Comandante Che Guevara."

Schweigen.

Dann griff er nach seiner Kalaschnikow, stemmte sie lässig auf die rechte Hüfte und feuerte eine ohrenbetäubende Salve in die Deckenverkleidung. "Es lebe die Revolution ! Viva la revolución !" Dann flüsterte er grinsend zu den nur mäßig beeindruckten Kollegen :

"Kalaschnikow von Otto: die friedliche Revolution im urbanen street fight look, 100% Baumwolle."

Daraufhin genehmigte sich der Betriebsratsvorsitzende einen kräftigen Zug, schüttelte sich den imaginären Staub von den Schultern und paffte kleine atomare Explosionswölkchen in den Sitzungssaal. "Vielen Dank, Ernesto, für diese erfrischende Neuinterpretation eines Modelabels, wie ich hörte, soll es demnächst blaue Mao-Arbeiter-Anzüge geben."

Ernesto: "Damit statten wir die 1 cent Jobsucher aus."

Schweigen.

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chinesischer Revolution Dub, Martin Luther King, Sarrazin, Chaplin, Mai Ling von Polt.

07

Frauen-Verwöhn-Wochenende

Augenblicklich verschlechterte sich seine Laune, als er feststellte, dass diese Waschmaschine nicht lief. Ich habe es ja gleich gewusst, von irgendeinem Versandhändler, nagelneu, meine Frau, natürlich, beim Fachhändler wäre das nicht passiert, ich habe alles genau so gemacht, wie sie es aufgeschrieben hat: den Wäschehaufen reinstopfen, Wäsche bunt, start, von wegen ! Klump, so eine asiatische Billigscheisse, und ich, mit den 2 Kindern wieder alleine, das ganze Wochenende: wickeln, Essen machen, Popo putzen, Zähneputzen, und sie auf Wellness, was ist mit meiner Wellness? anrufen? haha, neeein, das kommt nicht in Frage, ich sehe schon, wie sie sich halb totlacht, toootlacht.

Er war kurz davor, die Waschmaschine mit einem heftigen Tritt ins maschinelle Jenseits zu befördern. Auf dem Display blinkte: "Fehler 402", ja wunderbar, Feeehler 402, diesem Versandhändler telemaile ich die Meinung und setze das ganze Callcenter unter Wasser - guten Tag, mein Name ist Barbara Steinbrück, was kann ich für Sie tun - Nixxx ! die Pampers leeren ! Fehler 402 ! Otto heissen die, da stehts ja, mein Gott Otto.

Dann las er auf dem Display: "Sie haben eine zu hohe Temperatur gewählt. Das Waschprogramm hat ein Kleidungsstück gefunden, das nur bis 30° Grad gewaschen werden darf" ja, welches denn? Nichtmal Wäsche sortieren kann sie, typisch, A k a d e m i k e r i n, Frau Doktor, völlig untauglich für das praktische Leben, aber ein Frauen-Verwöhnwochenende auf diesem blöden Travel-kanal gebucht, mit diesem braungebrannten Moderatoren Knaben, der leert keinen Windeleimer, der braucht selber noch welche, Goldkettchenschleimer ! Da stehts doch ganz gross auf dem Etikett, nur bis 30 Grad ! Das Teil ist von Heine, eingebaute Intelligenz, was! Respekt! Schlauköpfe!

Er drückte start und die Waschmaschine fing zu rauschen an.

Wieder in der Wohnung angelangt stellte er, nun wieder etwas beruhigt, fest, dass alles still war und die Kinder schliefen. Er öffnete eine Flasche Wein und begann grosse Stücke Käse mit aufgebackenem Baguette zu essen. Allmählich entfaltete der Wein seine pharmakologischen Wirkungen, sein Puls beruhigte sich, Entspannung stieg auf, und der Käse schmeckte vorzüglich.

Im Wohnzimmer warf er einen theatralischen Blick auf den Fernseher, in der linken Hand das halbgefüllte Glas. Dann schnackelte er zweimal mit den Fingern, murmelte "haha, ich bin der grosse und böse Zauberer Petrosilius Zwackelmann" und der Fernseher ging an.

Eine Meldung erschien auf dem Monitor: "die Wäsche ist fertig"

und noch eine

"Heine empfiehlt für die Wäsche Ihrer Baumwollsachen das neue "Baumwollrein" 100% natürlich aus nachwachsenden Rohstoffen und biologisch abbaubar, für Allergiker und Kinder geeignet. Mit dem Kauf unterstützen Sie das Projekt "Sauberes Wasser für Afrika" mit 10 cent. Der Stand Ihres Spendenkontos beträgt 36 euro. Bei 50 euro bekommen Sie einen Teleshopping-Gutschein. Zum Test www.stiftung-warentest.de. Bestellen Sie hier oder werden Sie exklusiver Testkäufer und füllen bitte diesen Fragebogen aus.

Weg damit. Kommt heute nicht Gourmetkanal mit Siebeck ? Rechts unten begann es zu blinken, dann poppte ein grosses, rotes, pulsierendes Herz auf "ich hab dich lieb, mein Schatz, bis Sonntag" Ja, ja, bis Sonntag, das ist noch hin, noch ein Schluck, ..wir braten die jungen Schalotten in Olivenöl an und löschen mit Weisswein... ...zum Dessert empfehle ich einen Süsswein...

Der Tag war anstrengend gewesen, und langsam dämmerte er nach einigen weiteren Schlückchen Wein federleicht hinüber in die Late.Night.Dessous.Show... ...Schenken Sie Ihrer Frau einmal das, was Sie schon immer an ihr sehen wollten... Etwas irritiert schreckte er auf, als die Körbchengrösse seiner Frau eingeblendet wurde... er hätte das ja nie gewusst, Hauptsache Alba weiss alles, oder geht das nun doch zu weit?

Jetzt nur nicht auf der Fernbedienung einschlafen und dabei einen Riesenberg Dessous bestellen. Schon hörte er die Nachbarin hinterlistig flüstern: Grüss Gott Herr Nachbar.... I han do... ha, s'isch koi päckle meh, s'isch scho ebbes grössers, von dem Hermes, wisset se, dem Götterboten...

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08

Tannhäuser

Als Barbara Steinbrück den Schlüssel umdrehte und Ihre Wohnung betrat, flammte der Fernseher blau auf und begann den Raum mit dem Klang aus Wagners Tannhäuser zu erfüllen. Seit bekannt geworden war, dass Sie ein Fan klassischer Musik war, schickten ihre meist männlichen Bewunderer Musikgrüße auf ihren Fernseher. Irgendwann würde sie diesen Fanpost-Teleport wieder schliessen müssen.

"Ich bin fix und fertig", kurz dachte sie daran, wie sie sich geliebt hatten, seit Wochen hatten sie sich jedoch nicht mehr gesehen, es war vorbei, eine kurze, heftige Liebe, sie war müde "Guten Tag, meine Name ist Barbara Steinbrück, lecken Sie mich doch am Arsch". Sie warf ihre Tasche auf den Boden hängte ihren Mantel weg, liess sich in ihr beiges Ledersofa fallen und starrte hinaus in die dunkle Nacht. Auf dem Fernseher züngelten blaue Flammen und der Chor aus Tannhäuser liess ihr Wohnzimmer erglühen, wie von einem Kaminfeuer.

Sie dachte an ihr letztes gemeinsames Abendessen. Er im Norden der Republik und sie hier. Beide hatten sie die Televisionskameras auf ihren Esstisch ausgerichtet, sie hatten ein Menü vereinbart. Jeder saß an seinem Tisch mit einer Flasche Wein vom gleichen Jahrgang, den Gegenüber auf der Mattscheibe ihrer Fernseh-Kommunikatoren. Sie hatten ihre Gläser erhoben und angestossen und viel Spass gehabt.

"was will ich eigentlich?" fragte sich Barbara Steinbrück. Die Musik lies sie allmählich ruhiger werden. Lange überlegte sie, welche Telesehnummer sie anrufen wollte. Dann wagte sie es.

"Hallo, Joschi ?!" flüsterte sie fast schon.

"Barbara ?!"

"ja"

"So lange habe ich nichts von Dir gehört, was machst Du?"

"weiss nicht"

"Wohnst du noch in der Maximilianstrasse?"

"nein, draussen am Park"

"Warum rufst Du an?"

"weiss nicht, was machst Du?"

"He-he, ich schau mir einen Wohnzimmerfick an, im "Zap-live-Kanal".

"?!"

"Du kennst es doch, man kann über die eigene Glotze in fremde Wohnzimmer schauen, aber nur wenn man sich selbst filmen lässt. Soll ich dich draufschalten, hey ?"

"nein, danke"

"was ist? sollen wir Essen gehen?"

"ja"

"wo?"

"weiss nicht"

"wohin willst Du?"

"etwas schönes, such Du es aus"

"okay, wann?"

"übermorgen, Abend?"

"übermorgen Abend, ich melde mich"

"ja, tschau, Joschi"

"tschau"

Wahnsinn, dachte Joschi, was will sie von mir.

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Die Lieder der Fans von Barbara Steinbrück.

09

Fettuccine Finanziera

Das italienische Restaurants Felice bot eine Liveübertragung aus der Küche auf den Gourmetkanal, so dass man von daheim aus die Zubereitung der Speisen verfolgen konnte.

Joschi las die Speisekarte nun zum dritten Mal rauf und runter. Er blickte auf, als er ihre Bewegung neben sich spürte und einen Duft nach frischem Heu roch. "Ich komme etwas spät". Er stand auf und schob ihr einen Stuhl an den Tisch. Dann sah er Barbara lange an. Sie fing an zu lachen und strich sich die Haare aus dem Gesicht "Was kann ich für Dich tun, mein Name ist Barbara Steinbrück?"

"Du hast das Lachen also noch nicht verlernt" antworte Joschi nach einer Weile. "Du warst etwas einsilbig als wir telefonierten" "Inzwischen war ich bei meiner Frauenärztin, es geht mir wieder blendend." "Etwa schwanger?" "Ach was, sie hat mir diese Multivitaminkapseln aus 30 verschiedenen Früchten angedreht."

"So ein Quatsch" murmelte Joschi und entkleidete Barbara Steinbrück in seiner Imagination, was ihm jedoch nicht ganz glückte. Dann schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch "Das ist marketinggetriebener Firlefanz."

"Wünschen Sie einen Aperitif ?"

"Willst Du ? Zwei Prosecco !"

"das Obst ist biologisch angebaut"

"Was denn sonst, etwa am Fliessband zusammengeschraubt, kennst Du eigentlich noch Zemeck ?"

"Wer soll das sein ?"

Sie stiessen an und nahmen ein Schluck.

"Barbara, warum hast Du mich angerufen ? Du weißt, was ich für Dich empfinde, wir gehören zusammen, das weisst Du, bist Du noch mit diesem Wikinger-Typen aus Friesland zusammen ?"

"Nein, es ist aus."

"Wir sollten etwas aussuchen zum Essen. Das Essen in Untersuchungshaft soll nicht so gut sein. Wirst Du mich im Gefängnis besuchen ?"

"Du spinnst wohl !"

"Erinnerst Du dich an Ghandhi ?"

"Fettuccini Finanziera... Du meinst Ben Kingsley ?"

"ja, genau"

"Ich kann Dich nicht in Deiner Zelle besuchen, Du Knastbruder" und ihre Stimme wurde zärtlich. Ich fahre weg."

"Wohin?"

"...ich geh' in die Mongolei"

"Haben Sie schon gewählt?"

"Wie bitte ? Ethno-Klamotten für Otto suchen, oder was ?"

"Fettuccine Finanziera, bitte" "quatsch" "und den Vorspeisenteller, Danke."

"Das ist eine gute Wahl" "ich nehme das gleiche, eine Tomatensuppe als Vorspeise."

"Die haben eine eigenartige Uniform hier, die Kellner, mit diesem Stern."

"sieht gut aus, nicht wahr? Du siehst aber hinreissend aus !"

"Nichtwahr?"

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10

zap

"...5.000 glückliche Kunden haben ihr Aquaclean schon bestellt, noch 25 Sekunden gilt unser..."

zap

"...kommen, geben Sie jetzt ihren Tipp ab, wann wird Beate ihren ersten Orgasmus haben, der Gewinner erhält eine wunderschö..."

zap

"....Manfred, ich kann so nicht mehr weiter..."

zap

"....Herr Struck, deutsche Soldaten auf dem Mond, ist die Bundeswehr technisch hierfür gerüstet ?" "Frau Maischberger, wir üben seit Jahren unter verminderter Schwerkraft. Schwerelosigkeit ist in der Politik und bei den Soldaten nicht unbekannt, wir können damit umgehen.

zap

"...von heute trägt einen Kunstpelz mit Polymer-Applikationen."

zap

"... eine Bombenexplosion in einem Vorort von...

zap

"...sind wir zu Besuch bei Familie Stiller, ihre sechsjährige Tochter ist an Bulimie..."

zap

"... fragen wir den Experten Dr. Heiner Wohlfühl: "Warum hat es so lange gedauert?" "Nun ich denke, dass eine gewisse Nervosität bei Beate vorlag. Ihre Performance..."

zap

"...Best of Al Quaida: Wählen Sie aus unserem Angebot Ihr Sonntagsprogramm für morgen, ich weisse nochmals daraufhin, dass unsere Videos nur für Erwachsene geeignet sind. Aktivieren Sie nun ihre Erwachsenen-Pin..."

zap

"...in der B-Note würde ich Beate eine 8 geben..."

zap

".. Frieden kostet Arbeitsplätze. Auch die Mitarbeiter von Heckler und Koch bangen um ihre Arbeits..."

zap

"...as a christian I believe..."

zap

"Guten Abend Herr Zemeck "

"Guten Abend Frau Slomka"

"Arbeit für Alle, heisst die von Ihnen mitbegründete Bewegung von Arbeitslosen. Ihre Mitglieder tragen orangenfarbene Sterne mit dem Buchstaben A und eine Uniform, die an Sträflingskleidung erinnert. Es wird ihnen vorgeworfen, mit dieser Anspielung auf den Judenstern der Nazis, die Opfer des dritten Reiches zu instrumentalisieren. Was sagen Sie dazu?"

"In der Tat, Frau Slomka, wir wollen in einem ersten Schritt auch provozieren, um die notwendige Aufmerksamkeit zu finden. Nachdenken und gründliche Analyse zählen schon lange nicht mehr. Sie wissen das besser als ich. Politische Performance ist Bestandteil unseres Aktionsmixes."

Marietta Slomka: "In einem Bericht des Verfassungsschutzes wird ihrer Organisation eine hohe Bereitschaft zu Gewalt attestiert."

Zemeck: "Das ist einfach lächerlich, Frau Slomka. Hier werden doch Ursache und Wirkung mit Absicht verwechselt. Seit vielen Jahren schliesst dieser Staat Menschen von Teilhabe an Arbeit aus. Massenarbeitslosigkeit ist das Ergebnis einer seit Jahrzehnten praktizierten Gewalt von Wirtschaft und Politik. Die Zeit der rezeptfreien Reden ist vorbei. Das A auf unserem Arbeitslosenstern steht auch für Aktion. Die Arbeitslosen werden sich nun ihre Arbeit nehmen."

Marietta Slomka: "Auch mit Gewalt?"

Zemeck: "Wir wenden Methoden des friedlichen Widerstands und des zivilen Ungehorsams an, wie sie auch von Mahatma Gandhi praktiziert wurden. Ich möchte bei dieser Gelegenheit alle einladen, mit uns gemeinsam zu marschieren. Wir werden uns die Arbeit nehmen, die uns zusteht und die man uns verwehrt."

Marietta Slomka: "Welche Aktionen planen Sie denn konkret?"

Zemeck: "Sie werden verstehen, dass wir das nicht hier im Fernsehen bekanntgeben werden."

Marietta Slomka: "Ich bedanke für mich das Gespräch, Herr Zemeck."

Zemeck: "Auf Wiedersehen Frau Slomka."

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Werbung für eine Kalaschnikow nach dem Sandmännchen.

11

Erna und Karl

"So, so" brummelte Karl Trautwein "die Erna hot en Knopf bschtellt und der isch au scho komme. Do rufe e se glei amol a, ob se drhoim isch." Mit der Fernbedienung scrollte er auf dem Fernsehbildschirm, bis er zur Bestellung von Erna Nonnenmacher kam, dann drückte er den fone-knopf.

"Hallo"

"Erna, i ben's dr Karl, Du hosch en knopf b'schdellt."

"Ah du bisch's, Karl, schaffsch du jetzt au bei dene von otto?"

"Jo, i du mr ebbes drzuverdiene. De Kender han i jo des bauplätzle gä in de wiese dronta, ond i han sonschd nemme viel zom do, ausser nach em Moscht gucke."

weiter dialektfrei:

Karl Trautwein steigt in seinen weissen Hermes Kangoo Lieferwagen ein und fährt zu Erna Nonnenmacher um ihr den Knopf zu bringen.

Es klingelte an der Tür.

Erna ruft durch das Treppenhaus: "Grüß Gott Karl, kommst Du noch nach oben?"

"Grüß Gott Erna, ja, das mach' ich"

Etwas ausser Atem kommt Karl an der Wohnungstür an. "Du, mir ist etwas komisches passiert"

"Sooooo? ja, was denn?"

"Vor dem Plus standen bestimmt 100 Leute in gestreiften Kleidern und haben Zettel verteilt. Die sahen aus wie Sträflinge."

"Und dann?"

"Nichts, ich bin ja nur vorbeigefahren."

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Karl ist ein Nazi oder kann die Vergangenheit nicht vergessen.

12

Hobbyraum in einem Keller 1

Comandante: "na endlich, Ernesto, wird auch Zeit."

Joschi richtete eine quietschebunte Wasserpistole auf Ernesto: "päng, päng"

Ernesto: "Ich hoffe da ist Rum drin."

Joschi: "Schampus, für Dich gibt es nur das feinste, Champagner, die aufsteigenden Champagnerbläschen sind wie eine Perlenkette die sich um den Alabasterhals einer schönen Frau legt."

Comandante: "Mein Gott, Joschi, mir perlen gleich die Tränen aus den Äuglein."

Joschi: "ja, ja, Gefühl ist nicht so Deine Sache."

Zemeck starrt auf den Fernseher auf dem in Endlosschleifen ein Junge läuft und läuft, ein Schuss, er fällt und bleibt liegen.

Ernesto: "Kalaschnikow, Kalaschnikow, Kalaschnikow, man hört das Durchladen und den Wechsel des Magazins, komplett sinnentleert und zynisch, daraus eine Modemarke machen zu wollen. Nichtmal eine ironische Brechung ist notwendig und die verblödeten Eltern kaufen ihren kleinen, dummen Pisa gameboy Idioten die Klamotten. Sollen Sie ihren blondgesträhnten eia-hutschel-häschen doch eine echte Kalaschnikow geben, dann können sie Kindersoldat spielen. päng, päng, Kalaschnikow, ein billiger Tötungsautomat."

Comandante: "Reg Dich nicht jetzt schon auf, Ernesto, wir haben einen langen Abend."

Zemeck: "Ernesto hat Recht, das blutige T-shirt von Benetton liess noch Fragen offen, Kalaschnikow als Mode ist Nihilismus der Werbung und des Kommerzes."

der Junge läuft wieder, ein Schuss, er fällt und bleibt liegen.

Comandante: "die Palästinenser sind doch einfach blöd, bescheuert."

Ernesto: "Kindern Sprenggürtel umlegen oder sich selbst in die Luft sprengen und die Welt soll Hurra rufen, einfach lächerlich."

Zemeck: "Sie brauchen ein revolutionäres Consulting, einen Paradigmenwechsel, von Gandhi lernen, stell Dir vor, sie marschieren einfach auf die Grenzen zu, vollkommen friedlich und lassen sich erschiessen, keine 14 Tage, diese Bilder in allen Medien, Israel müsste kapitulieren, auf die Forderungen eingehen, wäre besiegt, die modernste Armee würde nichts nützen."

Comandante: "sag das mal Deinem Hamas Typen, der hat sich das Hirn doch weggekifft."

Zemeck greift zum Handy: "sollte ich wohl besser in Damaskus klären."

Joschi: "zur Sache, wir wollen später doch noch was essen, wie laufen unsere Aktionen nun weiter?"

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Hobbyraum in einem Keller 2

Ernesto: "von Autobahnbrücken springen, uns in den Einkaufszentren in die Luft sprengen, an den Alleebäumen der Königstrasse aufhängen, auf's Fliesband beim Daimler legen..."

Joschi: "Ernesto, ernsthaft !"

Zemeck: "die ersten Aktionen sind gut angelaufen. Wir machen weiter so. 100 oder 1000 Personen oder auch mehr, angeführt von Leuten aus den jeweiligen Branchen gehen in den Laden, in die Firma, stellen sich vor, lassen sich von den Mitarbeitern einweisen und fangen einfach an zu arbeiten, bis die Polizei kommt."

Ernesto: "Und dann ketten wir uns an die Arbeitsplätze, oder lassen uns wegtragen, oder wie?"

Comandante: "Wir eröffnen das Feuer, wir machen Revolution, nicht solche Waldweihnachts-Stillleben wie in Gorleben. Venceremos" und er hob die rechte Faust. "Als erstes marschieren wir zur Zentrale der Badenia" und mit einem kleinen Puster aus seinen Engelsbäckchen legte der Comandante das schöne Verwaltungsgebäude in Schutt und Asche. "Schöne Bescherung."

Joschi: "unser Comandante mal wieder mit seinen gewalttätigen Revolutionskitsch-Phantasien, wir sollten weiter denken, wir bauen eine Parallel-Gesellschaft. Die Gesellschaft erklärt uns für überflüssig, also machen wir was daraus. Wir machen eigenes Geld, bauen ein System der Tauschwirtschaft auf, machen die Dinge des Lebens selbst, wir bauen selbst Autos, wie heisst dieser Spinner, in der ZEIT kam doch ein Artikel?"

Comandante: "Wir müssen nur 1-2 Millionen mobilisieren, damit legen wir das öffentliche Leben lahm, und blockieren die Zufahrtsstrassen zu den Zentralen des Kapitals."

Ernesto: "Läuft doch alles in digitalen Netzen."

Zemeck: "Wir brauchen medienwirksame Inszenierungen, Fotographen, Künstler, politische Performance, einen Pirelli Katalog "Arbeit ist geil" "wir sind geil auf Arbeit", und dann lauter Nackte z.b. mit einem Besen in der Hand, wir müssen provozieren, zuspitzen und die Leute zum Heulen bringen."

Joschi: "Ja wie denn? so doch nicht!"

Zemeck: "Wollen wir uns deformieren lassen und uns anpassen, oder etwas Neues schaffen , das ist die Frage."

Joschi: "Rotwein oder Rose, das ist die Frage."

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Mongolei

Als Barbara Steinbrück in Ulan Bator aus dem Flugzeug stieg, stand die Sonne bereits flach und warf lange Schatten auf das Rollfeld. Sie zögerte nicht, schwang sich auf das bereitstehende Pferd mit den Packtaschen und ritt hinein in die grenzenlose Weite der Steppe, genau zwischen Himmel und Horizont.

"Willkommen in der mongolischen Steppe, Barbara Steinbrück."

Sie suchte Huun-Huur-Tu, die Auftrennung von Lichtstrahlen über Grasland kurz nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang, wenn die Strahlen der Sonne durch die Grashalme fallen.

Irgendwo in der Mitte des Graslandes, in einer Jurte, wurde ein Kind geboren.

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Barbara Steinbrück ist in der Mongolei, ihrem Traumziel angekommen und sucht den Ursprung der menschlichen Stimme.

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Infos

Aus vorgefundenen Youtube Videos habe ich in playlisten multimediale Kollagen zusammengestellt, welche die einzelnen Folgen illustrieren. Die Videos sollen über die erzählten Geschichten hinaus zu weiteren Assoziationen und Gedanken anregen.

Um die Videos besser einordnen zu können, lohnt es sich, die Kommentare zu lesen, sowie die Youtube Statistiken. Der Usernamen desjenigen, der das Video hochgeladen hat, kann auch von Interesse sein.

Keinesfalls geben die Videos meine Meinung wieder oder repräsentieren meinen Geschmack, wobei viele Musikvideos durchaus Lieblingslieder von mir sind.

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