Korridor in einer Marketingabteilung von Heine
"Hallo, hallo, gut, dass ich Sie noch antreffe, Herr Doktor Weitmann" rief ein junger Mann mit Hornbrille und hochgekrempelten Ärmeln und eilte zielstrebig durch den langgestrecken Korridor auf Dr. Weitmann zu. Etwas hektisch fuhr er sich durch seine Johnny Depp Frisur. "Sie wollten doch nicht schon gehen? Ähem, können Sie sich noch erinnern an die Präsentationen letzter Woche "Heine dress for future" ?
"Ach hören Sie doch auf" knurrte Dr. Weitmann ungehalten, "verschonen Sie mich mit diesem hohlen Agenturgeschwätz, eine sinnlose Aneinanderreihung wichtigtuerischer Anglizismen. Das war doch eine einzige Pleite. Das Zeitalter der grinsenden Jugend mit ihren Klingeltönen ist vorbei und die haben das immer noch nicht kapiert. Unsere Zielgruppe sind junggebliebene Persönlichkeiten, die selbstverständlich ihren Spaß oder Fun haben wollen, aber, Herr Adler, auf einem anderen Niveau, Niveau! nix klingeldudeldei."
"ja ja" antwortete der Assistent "ich bin da ganz Ihrer Meinung. Aber können Sie sich noch an die eine Agentur erinnern mit dem Windgenerator und diesem Windkonzept ?"
"Heisse Luft!" höhnte Dr. Weitmann.
"Nein, nein, Wind, Brise, frische Luft" erwiderte der Assistent, ruderte mit den Armen und blähte die Backen.
Dr. Weitmann: "Ah ja, ich erinnere mich, natürlich, wie hieß sie noch, diese Frau, Frau Stein..."
"jaja, eine Frau mit Esprit, Geist, Witz, Ausstrahlung und Sex Appeal."
"Na-na-na, jetzt übertreiben Sie mal nicht, Herr Adler!"
Dr. Weitmann sinnierte: "obwohl..., diese Frau müssen wir haben, rufen Sie mal in der Personalabteilung an!"
"Aber Herr Dr. Weitmann, das gehört doch überhaupt nicht zu meinem Aufgabenbereich."
"Sie haben ja Recht, Herr Adler, wer hat Sie nur eingestellt, ich werde mich persönlich darum kümmern."
Der Assistent fuhr sich nochmals durch seine zerwehte Johnny Depp Frisur und legte los:
"Also, ein sehr bemerkenswertes Konzept, irgendwie extrem, sie wollen die Zirkulation erhöhen, einen Sog erzeugen, eine Luftströmung, welche die alten Klamotten aus den Schlafzimmerschränken holt und auf Second-Hand-Auktions-Plattformen und Verschenkbörsen im Internet weht. Das Heine-Callcenter öffnet die Fenster und der frische Wind weht die neuen Klamotten in die leergeräumten Schränke, ein Art klimatisches Change Management. Erinnern Sie sich, die von der Agentur standen mit wehenden Haaren und Kleidern vorne und haben ihren Windgenerator aufgedreht, Klamotten und Wind würden sich ideal ergänzen, haben sie gemeint, seit Marilyn über dem U-Bahnschacht, usw. usw... Zum Schluss haben sie das Fenster geöffnet, den Windgenerator voll aufgedreht, der Lärm war riesig, die ganzen Agenturpräsentationen hat es zum Fenster hinausgeweht, das wäre was fürs recycling, meinten sie, Fenster aufmachen und frischen Wind hereinlassen, das würde Heine guttun und den Telefondamen die Kleider vom Leib wehen. Das wollten die Kunden sehen."
"Ist ihnen nicht gut, Herr Dr. Weitmann?"
"Nein, nein, schon gut, diese neue Hemdenkollektion ist doch viel zu eng geschnitten am Hals, der deutsche Mann hat doch keinen Flamingohals, was denken die sich nur, was schlagen Sie also vor ?"
Assistent: "Naja, Kachelmann, oder so, wir präsentieren die passenden Klamotten zum Wetter."
Dr. Weitmann: "Oder so, aber auch nicht gerade neu. Also gut, lassen sie die Leutchen von dieser Agentur nochmals antanzen und geben Sie mir die Unterlagen, ah, schau an, ein Foto...